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Foto von Tima Miroshnichenko
Ein Osterfest mit heilsamen Botschaften, so etwas schafft auรer der Kirche offenbar nur einer, unser Bundesarbeitsminister, Hubertus Heil eben. Und damit die gute Nachricht sich auch angemessen und weit verbreiten mรถge, wรคhlte er weise die fรผr ihre Kommunikationsperformance bekannte Bild am Sonntag als Gesprรคchspartnerin. Die Themen, die Heil mit den Journalisten besprach, sie haben fรผr viele Menschen im Land eine groรe Bedeutung. Die von dem Minister angekรผndigten Initiativen sollen vor allem eines schaffen, mehr Gerechtigkeit und faire Bezahlung in dem Teil der Arbeitswelt, in welchem der gesetzliche Mindestlohn das Maximum des stรผndlich Erzielbaren darstellt. Auรerdem auf der Heils-Agenda: Verbesserungen der Arbeitsbedingungen fรผr Beschรคftigte von Paketdiensten und die Forderung, dass der Bund bei der Vergabe von Auftrรคgen zukรผnftig darauf achtet, dass die jeweiligen Unternehmen sich an die Tarifvertrรคge halten. Schlieรlich thematisierte der Minister auch noch die mangelnde Wertschรคtzung jener, die kรถrperlich belastenden Tรคtigkeiten in der Arbeitswelt nachgehen.
Beginnen wir mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Entschieden รผber seine Hรถhe wird รผblicherweise alle zwei Jahre. Eine unabhรคngige Kommission der Tarifpartner beobachtet in diesem Zeitraum die wirtschaftliche Entwicklung und erarbeitet einen Vorschlag, der sowohl die Interessen und Bedarfslagen der Beschรคftigten als auch der Arbeitgeber im Blick hat. Das Ergebnis ihrer Betrachtungen gibt das Gremium dann in Form eines Berichtes an die Bundesregierung weiter. Die letzte Erhรถhung des gesetzlichen Mindestlohns erfolgte allerdings auรer der Reihe und ohne Konsultation mit den damit beauftragten Experten im Oktober 2022, im Koalitionsvertrag wurde ein Betrag von 12 Euro festgelegt. Heils Ziel ist es nun, zum 1. Januar 2024 eine erneute Anhebung โ diesmal nach Beratung durch die Kommission โ auf den Weg zu bringen. Gestiegene Tarifvergรผtungen und die Inflation fรผhrt der Minister als Begrรผndungen an.
Die in der Bundesrepublik befรถrderten Pakete, ihre Zahl lag 2021 nach Angaben Heils bei 4,5 Milliarden im Jahr, 2017 waren es noch 2,6 Milliarden gewesen. Zurzeit werde eine รberarbeitung des Postgesetzes im Hause seines Kollegen Habeck vorbereitet. Der Arbeitsminister stellt sich vor, dass dieses eine Regelung enthalten soll, nach der Sendungen mit einem Gewicht von mehr als 20 kg von zwei Personen anzuliefern sind. Zudem sollen Pakete, die mehr als 10 kg auf die Waage bringen, entsprechend gekennzeichnet sein.
Die Zusammenarbeit der Hรคuser Habecks und Weils, sie zeigt sich in der Vorbereitung einer weiteren Gesetzesinitiative, in welcher der Begriff der Tariftreue eine zentrale Rolle spielt. Konkret: Unternehmen, die Auftrรคge des Bundes bekommen haben und umsetzen, mรผssen sich an die in der jeweiligen Branche geltenden Tarifvertrรคge halten. Die Idee dahinter: Mehr Arbeitnehmer โ ihre Zahl ist seit Jahren stark rรผcklรคufig โ sollen wieder nach den zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten Bedingungen beschรคftigt werden.
Schlieรlich das Thema Arbeitsbedingungen: Allgemein kritisiert Heil, dass es ein Teil der Menschen sehr bequem habe, wรคhrend andere unter schlechten Bedingungen arbeiten. Beispiel Reinigungskrรคfte: Die Nachtarbeit in diesem Bereich, sie gibt es mittlerweile in seinem Hause nicht mehr und er wรผnscht sich genau dies von allen Bundesbehรถrden. Der Gesundheitsschutz der Beschรคftigten, aber auch die Tatsache, dass ihre Arbeit durch die Verlegung auf den Tag wieder sichtbar und damit mehr wertgeschรคtzt wird, sind dem Minister wichtig.
Schauen wir uns die Osterbotschaft Heils an, so ist es der Begriff โรผberfรคlligโ, der mir dazu als erstes einfรคllt. รberfรคllig, dass die Arbeitsbedingungen im Paketgewerbe verbessert werden. Wir alle bestellen Waren im Internet, sehen die Mitarbeiter der diversen Paketdienste, die uns abgekรคmpft die begehrten Gรผter รผberreichen. Mitunter hรถren diese noch nicht einmal mal ein โDankeโ, von Trinkgeld ganz zu schweigen. Und nur zu gerne geben wir dem ohnehin รผberlasteten Boten auch noch eine Retoure mit auf den Rรผckweg zu seinem Fahrzeug. Offenbar hinterlรคsst die Arbeit der Beschรคftigten im Zustelldienst keinen bleibenden Eindruck bei uns, denn nur allzu schnell klicken wir wieder auf โBestellenโ und das natรผrlich beim Anbieter mit den gรผnstigsten Versandkosten. Die Verรคnderungen der Arbeitsbedingungen in diesem Sektor durch den Gesetzgeber mรผssten sich schon lรคngst auf dem Weg befinden, Heils vorsichtige Vorschlรคge kรถnnen nur ein Anfang eines notwendigen Umdenkens sein.
Die Mitarbeiterinnen im Arbeitsfeld der Raumpflege kommen hรคufig zum Ende des Arbeitstages in die Unternehmen und Behรถrden oder eben nachts. Sie sind also folglich entweder unsichtbar oder man rauscht an ihnen auf dem Weg nach Hause vorbei, nimmt sie und ihre wichtige Tรคtigkeit kaum zur Kenntnis. Als Kolleg:Innen werden die Reinigungskrรคfte hรคufig nicht wahrgenommen, Wertschรคtzung erfahren sie wenig. Auch in diesem Bereich sind Verรคnderungen รผberfรคllig, manches kรถnnten die Tarifparteien auf den Weg bringen, anderes der Gesetzgeber. Und dann gรคbe es da noch so etwas wie eine soziale Unternehmens- und Behรถrdenkultur, an deren Neuausrichtung โ da ebenso รผberfรคllig โ man sich dringend begeben muss.
Abschlieรend ein Blick auf den gesetzlichen Mindestlohn: Dieser stellt die absolute Lohnuntergrenze dar. Traurig, dass diese รผberhaupt eingefรผhrt werden musste, dennoch gut, dass es sie gibt. Zurzeit lรคsst sich so in Vollzeit ein Bruttoverdienst von ca. 2080 โฌ erzielen. Was bleibt nach Abzรผgen davon รผbrig? Und wenn nur eine Teilzeitbeschรคftigung in Frage kommt, wie viel steht dann auf der Lohnabrechnung? Kommen Menschen, die hart dafรผr arbeiten, mit einem solchen Einkommen gut aus? Die Sozialverbรคnde jedenfalls, sie fordern eine Erhรถhung auf mindestens 14 โฌ pro Stunde in der nรคchsten Runde. Das erscheint mir bei Weitem nicht ausreichend zu sein.


