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Schwarzsehen

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Autor und Sprecher

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Elisabeth Siefert
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

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Sie kam vorgestern Abend, die E-Mail. Kurze Zeit spรคter konnte man den Inhalt der elektronisch zugestellten Nachricht auch in den Agenturmeldungen nachlesen, am Mittwochmorgen hatte die Information den Weg in die gesamte Medienwelt geschafft. Und nein, es geht nicht um ein gewichtiges politisches oder wirtschaftliches Thema, das zurecht nach einer sorgfรคltigen, ernsthaften und umfรคnglichen Berichterstattung verlangen wรผrde. Dennoch wurde die Meldung zu einer der Top-Schlagzeilen des gestrigen Tages: Netflix geht jetzt gegen das bislang tolerierte Accountsharing vor.

Weltweit 232,5 Millionen Abonnenten nutzen das Programmangebot des Unternehmens. Gegrรผndet wurde es 1997. Die Geschรคftsidee DVDs online zu verleihen, ging im Folgejahr an den Start. Daran anschlieรŸend folgten die Einfรผhrung eines Abo-Modells, die Online-Publikation von Nutzer-Filmkritiken und weitere Innovationen, die dem Dienst eine Dekade spรคter zu einer Mitgliederzahl von 5 Millionen verhalfen. Im Jahr 2007 kam dann das Streaming Angebot hinzu, bis heute das Kerngeschรคft von Netflix. Schwierig wurde es fรผr die Firma im letzten Jahr, ein fallender Aktienkurs, mehr Konkurrenz zum Beispiel durch Disney + und weitere Anbieter. Bei diesen kann man jetzt auch Inhalte sehen, die bislang Netflix vorbehalten waren. Abonnenten wanderten ab, Entlassungen wurden unumgรคnglich.

Gegen ein Problem, welches das Unternehmen bis heute hat, will es nun vorgehen. Und genau dieser Schritt brachte die Firma gestern in die Schlagzeilen. Es handelt sich um das Nutzen eines Accounts durch mehrere Personen, eine beliebte Methode um Kosten zu sparen. Jemand bzw. ein Haushalt abonniert den Dienst und teilt seine Zugangsdaten zum Beispiel mit Freunden oder den ausgezogenen Kindern. Ergebnis: Fรผr die Zuschauer ergibt sich ein sehr gรผnstiges Preis-Leistungs-Verhรคltnis, dem Unternehmen entgehen in massivem Umfang Einnahmen. Die Zahl derer, die den Dienst so nutzen, ohne selbst Kunde zu sein, sie liegt geschรคtzt bei 100 Millionen. Zu viele.

Dass Netflix das Schwarzsehen abstellen wollte, war schon eine Weile klar. Nun ist es also soweit. In einem ersten Schritt teilte die Firma ihren Kunden deutlich mit, dass der Gebrauch des Abos auรŸerhalb des Haushaltes nicht zulรคssig ist und forderte sie nun dazu auf, Gerรคte auszuloggen, die nach den Bestimmungen des Unternehmens keinen Zugriff haben sollten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen, wie der Streaming Anbieter einen Haushalt definiert: Dort, wo hauptsรคchlich vom Kunden gestreamt wird, ordnet Netflix die unter der gleichen IP-Adresse angemeldeten Gerรคte einem Haushalt zu. Die Konsequenz fรผr das Schauen von Programmen auรŸerhalb dieses definierten Empfangsbereiches: Die Inaussicht-stellung der Sperrung eines solchen nicht vertragsgemรครŸ genutzten Zugangs.

Und Netflix macht ein Angebot, denn man will ja Kunden gewinnen und nicht vergraulen. Mรถchte ein Nutzer den Zugang zum Streamingdienst mit jemandem auรŸerhalb des Haushalts teilen, so ist dies mittels einer Zusatzmitgliedschaft mรถglich. Die Kosten dafรผr belaufen sich auf 4,99 โ‚ฌ im Monat. Das Ganze funktioniert nur beim Premium-Abo, dann kann man zwei zusรคtzliche Nutzer anmelden, oder beim Standard-Account, hier besteht die Mรถglichkeit einen weiteren Zuschauer zu registrieren.

Das Unternehmen setzt darauf, dass dieses Konzept aufgeht. In einigen Lรคndern hat man das Verfahren erprobt und aus Kanada weiรŸ Netflix zu berichten, dass zunรคchst die Zahl der Nutzer zurรผckging, dann aber wieder anstieg.

Die MaรŸnahmen und das Angebot des Unternehmens, sie erscheinen mir fair. Wenn ich einen Dienst nutze, dessen Inhalte abrufe und mich gut unterhalten lasse, vollkommen unabhรคngig von einem Programmschema und festen Sendezeiten, dann muss dieser Service, mit dessen Bereitstellung hohe Kosten verbunden sind, auch angemessen bezahlt werden. Entweder kenne ich also jemanden, dessen Anschluss ich als angemeldetes Zusatzmitglied mitnutzen kann oder ich weiche auf das werbefinanzierte Basisabo aus, das aber Einschrรคnkungen in der Programmauswahl hat. Zuschauen ohne zu dafรผr zu bezahlen ist Schwarzsehen und nicht fair, schon gar nicht allen anderen Kunden gegenรผber, die ihre Abo-Beitrรคge regelmรครŸig entrichten und sich an die Nutzungsbedingungen halten.