Autor und Sprecher
Technik und Gestaltung
Foto von Andrea Piacquadio
Ein Leben voller Arbeit: Ein Leben lang in der Fertigung, im Reinigungsteam, im Kaufhaus oder Supermarkt, beim Fliesenlegen und Dรคcher decken. Bis zur Rente. Endlich. Ausruhen, innehalten, Zeit fรผr sich, den Partner oder die Enkel haben. Das verbleibende Stรผck des Lebens genieรen kรถnnen. Auch dafรผr benรถtigt man Geld. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes reicht das aber nicht immer aus. 684.000 Menschen, die den Ruhestand genieรen kรถnnen sollten, sie kommen mit dem, was sie monatlich als Rente erhalten, nicht hin. Was dann bleibt, ist einen Antrag auf Grundsicherung zu stellen.
Worum handelt es sich bei dieser zusรคtzlichen Unterstรผtzung genau? Voraussetzung fรผr das Erhalten der Grundsicherung im Alter ist, dass das Gesamteinkommen einer Person unter 973 โฌ liegt. Zudem muss die dem Geburtsjahrgang des Antragstellers entsprechende Altersgrenze fรผr den Eintritt in die Rente erreicht worden sein. Bei den zu erbringenden Leistungen orientiert sich die Grundsicherung, die separat beantragt werden muss, am Bรผrgergeld. Zudem gelten umfangreiche Bestimmungen, was die Berรผcksichtigung von vorhandenem Vermรถgen betrifft.
Schon allein Gesamtzahl der Menschen, die ihre Rente durch die Grundsicherung ergรคnzen mรผssen, ist erstaunlich hoch. Schlieรlich sollten die meisten Arbeitnehmer erwarten dรผrfen, dass sie durch ihre Einzahlungen in die Rentenkasse im Alter zwar nicht รผber ein fรผrstliches Einkommen verfรผgen kรถnnen, aber doch genรผgend Geld monatlich auf das Bank-konto รผberwiesen wird, um damit auszukommen.
Bei der Betrachtung der Daten des Statistischen Bundesamtes fallen zwei weitere Zahlen besonders auf. Zum einen der Anstieg der bedรผrftigen Antragsteller. 90.000 Menschen mehr als im gleichen Beobachtungszeitraum des Vorjahres, die Rede ist hier von den ersten drei Monaten 2022, die mit denen des aktuellen Jahres verglichen wurden, benรถtigen staatliche Unterstรผtzung, um einen auskรถmmlichen Lebensunterhalt zur Verfรผgung zu haben, 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Ein Groรteil dieser Gruppe kommt aus der Ukraine. Zum anderen ist der Anteil der Frauen bei den Beziehern der Einkommensergรคnzungsleistung signifikant hoch, er liegt bei 60 %. Auch dieser Wert ist beeinflusst von den Flรผchtlingen aus dem Osten Europas, dabei handelt es sich im Wesentlichen um Frauen und รคltere Menschen. Hinzu kommte: Die wirtschaftliche Lage in unserem Land, besonders die preistreibende Inflation, sorgt dafรผr, dass ohnehin schon niedrige Renten durch zusรคtzliche Transferleistungen ergรคnzt werden mรผssen.
Das Prinzip eines Sozialversicherungssystems, das ausschlieรlich auf einem Generationenvertrag mit Umlageprinzip beruht und bei dem der spรคter zu empfangende Rentenbetrag von der Dauer und Hรถhe der geleisteten Einzahlungen abhรคngt, ist schon allein aus demographischen Grรผnden รผberholt. Das allerdings wissen wir seit vielen Jahrzehnten.
Und selbstverstรคndlich gibt es fรผr die Versicherten Mรถglichkeiten, die Altersbezรผge durch zusรคtzliche Versicherungen zu ergรคnzen. Aber wenn jemand lebenslang wenig verdient oder nur โ wie bei es bei Frauen hรคufig vorkommt โ in bestimmten Lebensabschnitten, ggf. in reduziertem Umfang arbeitet und eher wenig einzahlt, dann sind die Mรถglichkeiten zusรคtzlich etwas zurรผcklegen eingeschrรคnkt. Man ist also auf die staatliche Rente angewiesen, die in solchen und รคhnlichen Fรคllen einfach nicht ausreicht.
Erforderlich ist eine gesamtgesellschaftliche Debatte รผber dieses Problem, das in der Zukunft ja nicht kleiner werden wird. Ein Lรถsungsmodell kรถnnte das politisch umstrittene bedingungslose und lebenslange Grundeinkommen sein, das kritisch und unabhรคngig auf dessen Tauglichkeit geprรผft werden mรผsste. Vielleicht rechnet es sich โ entgegen allen Unkenrufen โ ja doch.


