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Schauen wir doch erstmal, wie das Ganze grundsรคtzlich funktioniert. Die Rentenversicherung in Frankreich, sie steht auf drei Sรคulen: da gibt es eine Basisversorgung, die Auszahlung des Geldes erfolgt รผber 42 Kassen, die berufsgruppenbezogen sind. Daran reiht sich eine ergรคnzende Zusatzrente und wenn gewรผnscht noch ein privat zu finanzierendes Rรผcklagesystem. Die ersten beiden Zweige der Altersvorsorge sind wie in der Bundesrepublik Deutschland umlagefinanziert. Im Jahr 2022 lag das Rentenniveau in unserem Nachbarland bei im Durchschnitt 1.509 โฌ. Was die Basis-Altersbezรผge angeht, so garantiert der franzรถsische Staat den Pensionรคren ein Minimum von 1.100 โฌ. Das Renteneintrittsalter liegt bei 62 Jahren. Um die Versorgungslรผcke zum letzten Arbeitslohn โ die Grundrente deckt nur etwa 50% der bisherigen Einkรผnfte ab – zu verkleinern, wurde die ergรคnzende Pension in den 70iger Jahren verpflichtend eingefรผhrt. Die Privatrente spielt eher eine untergeordnete Rolle in Frankreich.
Welche Verรคnderungen enthรคlt nun die Reform, die fรผr so viel Unruhe in der franzรถsischen Gesellschaft sorgt? Es soll ein einheitliches Rentensystem statt der bislang existierenden 42 berufsgruppenbezogenen Einzelversicherungen entstehen. Das ist allerdings mit dem Verlust von Privilegien verbunden, Lokfรผhrer konnten sich zum Beispiel bislang mit 52 Jahren pensionieren lassen. Das Renteneintrittsalter soll generell erhรถht werden, jeder der 1975 oder spรคter geboren wurde, wird nun erst mit 64 Jahren in den Ruhestand eintreten kรถnnen. Wer nach der neuen Regelung zeitiger aufhรถren mรถchte zu arbeiten, muss mit Abzรผgen rechnen, 5 % pro Jahr, die die Rente frรผher beginnt. Hingegen gibt es Boni fรผr jedes weitere Arbeitsjahr รผber die Regelgrenze hinaus. Und pro Kind erhรคlt man ebenso 5 % mehr.
Warum das alles? Wie in anderen westlichen Nationen hat auch die staatliche franzรถsische Rentenversicherung Finanzierungsprobleme, das Defizit ist enorm und wรคre ohne eine รnderung des Systems Jahr fรผr Jahr erheblich angestiegen. Die Reform zielt darauf, dass so die Pensionsfonds bis 2030 ausgeglichen sein werden.
Seit Wochen nun protestierten die Franzosen gegen diese Verรคnderungen und das zunehmend intensiv. In der Nacht auf Dienstag waren die Krawalle heftig, es kam zu 287 Festnahmen, man kann wohl von einer Krisenlage sprechen. Was war vorher geschehen? Die franzรถsische Verfassung sieht vor, dass ein Gesetz in Form eines prรคsidialen Dekrets dann als beschlossen gilt, wenn die Regierung einen daran anschlieรenden Misstrauensantrag โ davon wurden sogar zwei vorgelegt โ erfolgreich รผbersteht, was genauso eintrat. Man hat also gar nicht รผber das eigentliche Gesetz abgestimmt, sondern einen Umweg genommen. Ein weiteres Bemรผhen um einen gesellschaftlichen und zukunftsweisenden Kompromiss vor diesem Beschluss, gerade bei einer im Leben der Menschen so folgenreichen Verรคnderung, wรคre wohl klรผger gewesen.
Letzter Stand in der Angelegenheit: Mรถglicherweise scheitert die Rentenreform noch, denn Regierung und Opposition haben nun den Verfassungsrat in der Frage angerufen, der jetzt prรผfen wird, ob das Gesetz der Verfassung entspricht.


