netkiosk.digital

Wo Meinungen aufeinander treffen

Eine SMS

Foto von LinkedIn Sales Solutions auf Unsplash

Autor und Sprecher

avatar
Elisabeth Siefert
avatar
Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

avatar
Thorsten A. Siefert

Foto von LinkedIn Sales Solutions auf Unsplash

Lohn und Gehalt, sie finden in vielen Fรคllen zum Monatsanfang ihren Weg auf unsere Konten. Und wenn wir keiner Arbeit nachgehen, dann kรถnnen wir doch damit rechnen, dass das notwendige und viel zu geringe Bรผrgergeld wenigstens pรผnktlich zur Verfรผgung steht. Nun stellen Sie sich bitte vor, das Konto wird nicht wie erwartet befรผllt. Vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen das schon einmal erlebt, in den meisten Fรคllen klรคrt sich ein solches Problem innerhalb kรผrzester Zeit. Dennoch, der Schreck ist erstmal groรŸ und wer รผber keinen Dispositionskredit verfรผgt, bei Beziehern von Sozialleistungen ist das tendenziell eher zu erwarten, kommt ganz schรถn ins Rudern. Denn monatlich wiederkehrende Verpflichtungen, wie zum Beispiel die Strom- und Handyrechnung oder der fรคllige Betrag fรผr das ร–PNV-Ticket wollen beglichen sein. Und wenn deren Abbuchung nicht erfolgen kann, ist das alles andere als ein gutes Gefรผhl und sorgt fรผr Schwierigkeiten.

Sehr problematisch wird es dann, wenn das erwartete Geld รผberhaupt nicht eintrifft und voraussichtlich nie wieder eintreffen wird. Wie soll es dann weitergehen? Diese Frage stellten sich schon Ende letzter Woche 169.000 italienische Haushalte, die per SMS darรผber informiert wurden, dass sie im August kein Bรผrgergeld mehr erhalten, dieses sei ausgesetzt. Nun war diese MaรŸnahme zwar bereits im Mai im Rahmen eines nicht zu Unrecht umstrittenen umfangreichen Gesetzespaketes durch die neofaschistische Regierung Italiens beschlossen und auch in den Medien verรถffentlicht worden, aber offenbar realisierten die davon Betroffenen deren Folgen erst nach dem Empfang der Kurznachricht auf ihrem Handy.

Dabei geht es um Menschen, die auf diese Transferleistung angewiesen sind. Nur solche Haushalte, in denen behinderte Bรผrger, Minderjรคhrige oder Personen im Alter รผber 65 Jahren leben, erhalten die Unterstรผtzung noch in Form einer Bonuskarte fรผr bestimmte Lebensmittel. Der Gegenwert belรคuft sich auf 382 โ‚ฌ.  Alleinstehende ohne Kinder und Menschen ohne Arbeit, sie gehen nun erst einmal leer aus. Ggf., so stand es in der SMS, wรคre eine รœbernahme der ausfallenden Leistungen durch die Sozialdienste mรถglich. Das aber hรคngt davon ab, ob man die Betroffenen als arbeitsunfรคhig klassifizieren wird. Nรคheres soll nach der Sommerpause geklรคrt werden.

Die Reaktionen im Land auf die Ankรผndigung der MaรŸnahme, sie waren heftig. Vertreter der Nicht-Regierungsparteien sprachen von einer Sozialbombe. Auch Forderungen nach der sofortigen Rรผcknahme des Zahlungsstopps wurden laut, Gewerkschaften riefen zu Protesten auf. Es ist eher fraglich, ob das die neofaschistische Meloni-Regierung in Italien beeindruckt. Diese argumentiert, dass das Bรผrgergeld fรผr jene, die es bislang bezogen haben, keinen ausreichenden Anreiz bietet, arbeiten zu gehen.

Ein demokratischer Sozialstaat zeigt seine Qualitรคt dadurch, wie er mit den Schwรคchsten der Gesellschaft umgeht, also unter anderem auch mit jenen, denen es nicht gelingt, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Eine staatliche Unterstรผtzung muss es den Beziehern erlauben, ein menschwรผrdiges Leben in Teilhabe fรผhren zu kรถnnen. Nichts anderes sehen auch die Vorgaben der EU vor. Festgelegt hat man, dass die Grundsicherung mindestens 60 % des nationalen mittleren Einkommens entsprechen soll. Fast alle Mitgliedslรคnder verfehlen dieses Ziel, weil man sich bei der Berechnung an Minimalieinkรผnften orientiert. Das erscheint mir nicht ausreichend. Sozialleistungen komplett zu streichen und deren Bezieher per SMS davon in Kenntnis zu setzen, wie jetzt in Italien geschehen, nimmt den hรคufig ohnehin bereits gesellschaftlich ausgegrenzten Betroffenen ein weiteres Stรผck ihrer Menschenwรผrde.