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Einsamkeit – Sie tut nicht gut

Einsamkeit tut nicht gut

Autor und Sprecher

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Elisabeth Siefert
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Hinter uns liegt eine Aktionswoche. Sie sollte mit Veranstaltungen, Artikeln in der Presse und auch Beitrรคgen sowie Dokumentationen in Rundfunk, Fernsehen und Internet bestenfalls dazu gedient haben, uns mit einem gesellschaftlich relevanten Thema, das im alltรคglichen Nachrichtenstrom hรคufig untergeht, vertraut zu machen, uns zu informieren und vielleicht auch zu sensibilisieren. Doch was stand vergangene Woche im Fokus? Es ging um ein psychisches Problem, das immer mehr Menschen betrifft.
Sie tut uns nicht gut. Sie schadet dem Kรถrper, sie schadet der Seele, ihre negativen Folgen reichen bis in unsere Gesellschaft hinein, kรถnnen die Demokratie sogar gefรคhrden. Die Rede ist von einem Empfindungszustand, den jeder von uns schon einmal erlebt hat, fรผr einen Moment, รผber Tage oder Wochen, auch dauerhaft: Einsamkeit. Das nach dieser Empfindung benannte Kompetenznetz definiert sie auf seiner Internetseite als โ€žeine wahrgenommene Diskrepanz zwischen den gewรผnschten und den tatsรคchlichen sozialen Beziehungen.โ€œ Entscheidend fรผr die subjektive Wahr-nehmung von Einsamkeit โ€“ so erklรคren die Fachleute โ€“ sei gar nicht so sehr die Quantitรคt von Bindungen zu anderen Menschen sondern ihre Qualitรคt.
Das Thema Einsamkeit ist unlรคngst wissenschaftlich vom Bundesinstitut fรผr Bevรถlkerungsforschung untersucht worden. Das Ergebnis der im Mai dieses Jahres verรถffentlichten Studie: Die Einsamkeit im jรผngeren und mittleren Erwachsenenalter ist angestiegen.
Die wichtigsten Fakten: Ca. 33 % der Menschen im Alter zwischen 18 und 53 Jahren in unserem Land fรผhlen sich zumindest teilweise einsam, 17 % sogar sehr einsam. Jรผngere Erwachsene und nicht alleinlebende Personen sind zunehmend betroffen. Frauen sind vor allem emotional einsam, das bedeutet, dass eine enge emotionale Beziehung als fehlend empfunden wird. Mรคnner hingegen sind รถfter sozial einsam, sie vermissen Freundschaften oder sonstige soziale Beziehungen.
Wer leidet besonders in unserer Gesellschaft unter Einsamkeit? Auch darauf findet die Untersuchung eine Antwort: Es sind Menschen mit einem niedrigen sozioรถkonomischen Status, Personen ohne deutsche Staatsangehรถrigkeit sowie Allein- und Getrenntlebende.
Die Studie verweist darauf, dass die Folgen der Einsamkeit sowohl dem Individuum als auch der Gesamtgesellschaft schaden kรถnnen und empfiehlt ein kontinuierliches Monitoring des Phรคnomens รผber alle Alters- und Gesellschaftsgruppen hinweg.
Zwei Ergebnisse des Forschungsprojektes, jenseits der Erkenntnis, dass die Zahl der einsamen Menschen im Land zugenommen hat, gilt es genauer zu beleuchten: Die Gruppe der Betroffenen und die Folgen.
Nachvollziehbar erscheint, welche sozialen Gruppen die Studie als besonders betroffen indentifiziert. Wer รผber ein geringes Einkommen verfรผgt, kaum Zugang zu Bildung und Kultur hat und auch in der Berufswelt wenig erfolgreich oder gar nicht beschรคftigt ist, dessen Mรถglichkeiten am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen sind hรคufig eingeschrรคnkt. Gemeinsame Unternehmungen aber auch schon ein Besuch im Cafรฉ kosten hรคufig Geld, das nicht รผbrig ist. Barrieren, die soziale Kontakte erschweren zu รผberwinden, das kostet viel Kraft und Einfallsreichtum. Kraft, die hรคufig bereits fehlt.

Wer allein und getrennt lebt, dem fehlen viele Optionen soziale Beziehungen herzustellen, die Paaren und Familien zur Verfรผgung stehen. Die gleichsam automatische รœberschneidung von Lebenswelten allein dadurch, dass man zu zweit ist oder Kinder hat, kommt weniger hรคufig oder gar nicht zustande. Erschreckend ist eben auch, dass Menschen, die die bundesdeutsche Staatsangehรถrigkeit nicht haben, in hรถherem MaรŸe von Einsamkeit betroffen sind. Es ist schwer in einer sprachlich und kulturell fremden Umgebung FuรŸ zu fassen, die einem auch hรคufig wenig offen, abweisend zumindest aber nicht in ausreichendem MaรŸe unterstรผtzend begegnet.
Die Folgen von Einsamkeit, die in einem Artikel von tagesschau.de mit dem Titel โ€žWas wir gegen Einsamkeit tun kรถnnenโ€œ kompakt dargestellt wurden, lassen sich in drei Bereiche unterteilen: Da sind die psychischen Konsequenzen des Erlebens von fehlenden Bindungen: Es kommt zu Depressionen, Angststรถrungen, ggf. sogar zu Suchterkrankungen. Da Menschen, die einsam sind, sich hรคufig weniger bewegen, sich schlechter ernรคhren und schlechter schlafen sind die Auswirkungen auf den Organismus kaum รผberraschend: Herz- und Kreislaufkrankheiten, Demenz, Diabetes und ein vorzeitiges Ableben.
Und die Gesellschaft? Wer einsam ist, der verliert die Verbindung zur Gemeinschaft, erlebt kein Miteinander mehr. Dies fรผhrt laut Maike Luhmann, Psychologin und Einsamkeitsforscherin, zu einer Neigung sich politisch extremeren Positionen anzuschlieรŸen. Sie spricht in diesem Zusammenhang von einer Gefahr fรผr unsere Demokratie.
Bleibt die Frage: Was kann man gegen Einsamkeit tun, wie sie vermeiden helfen? Dafรผr kehren wir zurรผck zur Internetprรคsenz des Kompetenznetzes Einsamkeit und schauen, welche Unterstรผtzungsoptionen dort aufgezeigt werden. Und die sind vielfรคltig.
Da gibt es Hilfs- und Beratungsangebote wie die Telefonseelsorge oder den krisenchat. Auch zu erwรคhnen sind Modellprojekte gegen Einsamkeit, zum Beispiel Mehrgenerationenhรคuser, der DigitalPakt Alter oder auch das Projekt โ€žVerein(t) gegen Einsamkeitโ€œ des Deutschen Olympischen Sportbundes. Angebote, die eine digitale Teilhabe ermรถglichen, kรถnnen ebenso helfen. Und auch Apps gegen Einsamkeit, sie gibt es, wie beispielsweise meet5 oder friendsUp speziell fรผr Frauen. Allerdings muss der Betroffene sich zunรคchst einmal auf den Weg machen um seine Einsamkeit zu รผberwinden, einen ersten Schritt unternehmen, einen Kontakt herstellen.
Und wenn die Energie dafรผr nicht ausreicht? Nicht nur dann, aber gerade dann sollten wir Nicht-Einsamen in Aktion treten. Richten wir unseren Blick auf unsere Mitmenschen. Vermuten oder bemerken wir, dass jemand in Einsamkeit existiert und darunter leidet, er kaum oder gar nicht mehr am gemeinschaftlichen Leben teilnimmt, dann ist es Zeit auf diese Person zuzugehen, einen Kontakt zu etablieren, zu ermutigen, zu begleiten, zu helfen und der Einsamkeit des Einzelnen entgegenzutreten, indem wir das wirksamste Mittel dagegen einsetzen: das Herstellen und Erhalten zwischenmenschlicher Beziehungen. Denn nur so kann Einsamkeit รผberwunden werden und Gemeinschaft immer wieder neu entstehen.