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Wo Meinungen aufeinander treffen

Fehlende Fahrradfreundlichkeit könnte Ihre Gesundheit gefährden!

eine enge Straße mit viel Verkehr (PKWs, Bus und LKWs) und daneben ein leicht verängstigter Radfahrer mit einer Gedankenblase in der er auf einem Radweg durch eine grüne Auenlandschaft fährt)

Foto mit Unterstützung durch KI erstellt.

Autor und Sprecher

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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

(Bild mit KI-Unterstützung erstellt)

(es gilt das gesprochene Wort)

In Rheinland-Pfalz hapert es nach Auffassung des ADFC massiv mit der Fahrradfreundlichkeit. Beim aktuellen ADFC-Fahrradklima-Test 2024 erhält das Flächenland RLP nur die Schulnote 4,2 und rangiert damit auf dem letzten Platz aller Flächenländer (bundesweit nur Berlin schneidet noch schlechter ab).

Radfahrer kritisieren vor allem das fehlende Angebot an sicheren Radwegen, schlechte Verkehrsbeschilderung und ungenügende Abstellanlagen – kurzum: Städte und Gemeinden liegen „im Test weit hinten“.

Zwar gibt es Einzelfälle positiver Entwicklung (so verbesserte sich Koblenz jüngst von 4,7 auf 4,0 und Landau in der Pfalz zählt mit 3,34 zu den Spitzenreitern), doch insgesamt mahnt der ADFC einen dringend nötigen „Kurswechsel von Land und Kommunen“ an: Mehr Personal, mehr Investitionen, klare Ziele – und vor allem mehr Raum für den Radverkehr.

Als Beispiel für gelungene Radverkehrskultur dient immer wieder Troisdorf im Rheinland:

Troisdorf nahm bereits 1989 mit dem Förderprojekt „Fahrradfreundliches Troisdorf“ eine Vorreiterrolle in Deutschland ein und wurde damit eine der ersten fahrradfreundlichen Städte in Nordrhein-Westfalen. Diese Initiative beinhaltete eine konsequente Verkehrsplanung, bei der Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV neben dem Auto gleichberechtigt berücksichtigt wurden. Dies geschah nicht ohne Widerstände, aber mit diesem Schritt legte Troisdorf bereits Ende der 1980er Jahre den Grundstein für ein flächendeckendes Radwegenetz (heute über 150 km) und spezielle Velorouten – ein Beispiel, wie frühzeitig kommunale Verkehrspolitik auf nachhaltige Mobilität setzen kann.

In RLP hingegen sind viele Kommunen ländlich geprägt und bislang spärlich mit Radwegen ausgestattet. Wer hier wie in Troisdorf täglich aufs Rad umsteigen wollte, stößt schnell an Grenzen. Gerade in meiner Heimatverbandsgemeinde Wissen (Altenkirchen) enden Projekte oft „im Sand“. So ist etwa der geplante Radweg von Wissen über Morsbach nach Friesenhagen (beide in RLP) bislang blockiert: Zwar wurden Förderanträge beim Programm „Klimaschutz durch Radverkehr“ gestellt, doch auf rheinland-pfälzischer Seite fehlt es wohl an Planungskapazitäten.

Politik und Verwaltung der Verbandsgemeinde diskutieren seit Jahren über solche Lückenschlüsse, doch wegen knapper Budgets verzögert sich vieles.

Trotzdem gibt es in Wissen positive Ansätze und neue Angebote – wenn auch oft punktuell. Zu nennen sind vor allem:

Neue Radwegebrücke („Heubrücke“) in Schönstein: Im Mai 2025 wurde eine moderne, 128 m lange Rad-/Fußgängerbrücke über die Sieg (Ortsteil Schönstein) eröffnet. Sie ersetzt eine marode Holzkonstruktion (1957) und gehört nun zum überregionalen Radwegenetz (Westerwald-Lahn-Radweg bzw. länderübergreifender Sieg-Radweg).  Bürgermeister Berno Neuhoff betont, dass damit eine wichtige Lücke geschlossen wurde: Der Weg zum Anschluss des Sieg-Radwegs nach Siegen/Nordrhein-Westfalen ist damit frei.

Radnetz Deutschland – Mittel-Rhein-Weser-Route: Auf Bundesebene wird der Abschnitt „D4 – Mittelland-Route“ von Pirzenthal bis Wissen ausgebaut.

Dieses Radnetz-Projekt soll das Wisserland stärker in das nationale Radwegenetz einbinden und den Alltagsradverkehr verbessern. Es steht beispielhaft dafür, dass überregional geplant wird – die Umsetzung in Wissen muss aber vor Ort noch erfolgen.

E-Bike-Verleih im Wisserland: Seit 2024 betreibt die Tourist-Information Wisserland in Kooperation mit der Firma Tretmühle in Wissen einen E-Bike-Verleih. Angeboten werden zwei hochwertige Trekking-Elektrofahrräder der Marke Giant (Größe S und M), mietbar von Mai bis September. Der Mietpreis liegt bei fairen 25 € pro Rad/Tag (Rabatte ab längerer Laufzeit). Dieses Angebot macht es Einheimischen und Urlaubern leicht, die Region „stromsparend“ mit dem Rad zu erkunden. Gerade für das bergige Wisserland ist die Elektrounterstützung ein wichtiges Motivations-Plus.

Fahrradboxen am RegioBahnhof: Am Bahnhof Wissen („RegioBahnhof“) wurden kürzlich acht abschließbare Fahrradboxen installiert. Vier davon verfügen über eine integrierte Steckdose, um E-Bikes zu laden (Rad-Höhe bis 1,20 m), die oberen vier ohne Ladesteckdose (bis 1,10 m). Die Nutzung der Boxen ist kostenlos; Besucher registrieren sich per Karte und vierstelligem Code. Der Bahnhof verfügt auch über eine E-Bike-Ladestation.

Aber einmal im Jahr – immer am ersten Sonntag im Juli – dürfen sich Radfahrer, Skater, Spaziergänger und Jogger auf der sonst vielbefahrenen Straße im Siegtal tummeln. Es findet dann die Großveranstaltung „Siegtal Pur“ statt. Teile des Siegtals (zwischen Netphen und Siegburg) sind an diesem Tag für den Autoverkehr gesperrt. Entlang der Strecke gibt es Imbissstände, Kinderfeste und Konzerte.

Mehrere Dörfer im Wisserland feiern dabei kleine Straßenfeste. Der Nahverkehr stellt zusätzliche Züge mit Fahrradabteilen bereit, sodass tausende Besucher bequem an- und abreisen können. Für die Verbandsgemeinde Wissen ist „Siegtal Pur“ einer der wenigen Höhepunkte für Radfahrer – einmal im Jahr zeigen alle Beteiligten, wie fahrradfreundlich die Region sein kann, wenn sie denn will, die Gelder vorhanden sind und man sie lässt.

Zusammengefasst zeigt sich: In Wissen existieren Ansätze, das Radfahren attraktiver zu machen – von baulichen Projekten (Brücken, Radwege) über Service-Angebote (E-Bikes, Ladeinfrastruktur) bis hin zu Events (autofreies Siegtal).

Dennoch hängt es (wie so oft) am Geld.

Der Vergleich mit troisdorfer Verhältnissen unterstreicht das Dilemma: Während in einer dicht besiedelten Großstadt wie Troisdorf Radverkehr lange normal war, müssen wir hier Anstrengungen erst nachholen.

Zudem ist Fahrradfahren auch gesund. Erst heute sagte meine Hausärztin zu mir: „Herr Siefert, fahren Sie doch mehr Rad. Das tut Ihrer Gesundheit gut.“

Gerade jetzt, wo viele Krankheiten durch Bewegungsmangel zunehmen, wäre gerade in ländlichen Regionen wie dem Wisserland ein stärkerer Ausbau der Radinfrastruktur ein Gewinn für alle.