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Foto von Lerone Pieters
Der Begriff โKulturkampfโ lรคsst sich am besten definieren mit einem Ringen um die Vorherrschaft zwischen konservativen und liberalen Krรคften in einer Gesellschaft. Genau eine solche Auseinandersetzung, sie findet bereits seit einigen Jahren und mit immer wieder neuen Zuspitzungen im heutigen Amerika statt. Angetrieben von den Republikanern und ihren Anhรคngern mit dem Ziel die Uhr eines aus ihrer Sicht zu weit fortgeschrittenem Liberalismus zurรผckzudrehen. Sichtbar werden lange Schatten von Wertesystemen, die man fรผr eigentlich รผberwunden gehalten hatte: Ausgrenzung von Minderheiten, die fรผr ihre Freiheitsrechte รผber Jahrzehnte gekรคmpft hatten, Einschrรคnkungen des Selbstbestimmungsrechts der Frauen und die unverhohlene Rรผckkehr des Rassismus ans Tageslicht.
Thema Abtreibungen: Seit Jahrzehnten versuchen unterschiedliche Staaten in den USA die Rechte der Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch einzuschrรคnken, zuletzt in Florida, wo eine Abtreibung nur noch bis zur sechsten Woche legal ist. Und die Auseinandersetzung um das Schwangerschaftsunter-brechungsmedikament Mifepriston, sie wird final von dem obersten Gerichtshof entschieden werden, der mehrheitlich konservativ besetzt ist. Er hatte letztes Jahr erst beschlossen, das Grundsatzurteil โRoe vs. Wadeโ aufzuheben, das allen Bรผrgern der USA bis dahin ein Recht auf eine selbstbestimmte Abbruch-entscheidung ermรถglicht hatte.
Wir berichteten unlรคngst รผber die Anti-Drag-Initiativen einiger Staaten, generell richtet man sich gegen die Rechte und Interessen der LGBTQ+-Community. Auch hier zeigt sich Florida fรผhrend, so ist der Gouverneur bestrebt, aufklรคrende Informationen zu Gender-Themen oder รผber die Vielfalt sexueller Orientierungen in Schulen zu untersagen.
Neuer, trauriger Hรถhepunkt in der letzten Woche: Die Auseinandersetzung um das in den USA beliebte Bier โBud Lightโ. Auslรถser war die Kooperation des Unternehmens mit einer Influencerin. Ihr Name: Dylan Mulvaney. Zur Person: Sie ist Musicaldarstellerin, 26 Jahre alt und dokumentierte ihren Wechsel zum weiblichen Geschlecht auf Tik-Tok. Dylan ist also ein Social-Media-Star und hat im รbrigen 11 Millionen Fans. Nicht ungewรถhnlich, dass Unternehmen mit ihr Werbevertrรคge abschlieรen, um Kunden zu gewinnen.
Zurรผck zu โBud Lightโ. Das konservative Amerika ist empรถrt, Dylan Mulvaney wird zur Hassfigur stilisiert und kann sich kaum dagegen wehren. Trump-Anhรคnger Kid Rock verรถffentlicht ein Video, in welchem er auf mehrere Kisten des Bieres mit einem Sturmgewehr schieรt. Gerade im mittleren Westen wird das Getrรคnk nun boykottiert, es gab Bombendrohungen gegen Fabriken des Konzerns. Dessen CEO, Brendan Whitworth gab nun am Freitag ein Statement zu der Situation ab. Dabei vermied es der Firmenchef sich in irgendeiner Weise mit seiner Werbetrรคgerin und der damit verbundenen LGBTQ+ – Community zu solidarisieren. Er sprach davon, dass man nie beabsichtigt habe, Teil einer Diskussion sein zu wollen, die Menschen entzweit. Vielmehr wolle man sie mithilfe des Bieres zusammenfรผhren.
Das hat nun gar nicht funktioniert. Die Konservativen erwarten eine deutliche Entschuldigung und kritisieren, dass diese nicht erfolgt sei. Und LGBTQ+ – Community ist empรถrt und versteht das Statement als Distanzierung. Neutraler hรคtte die รuรerung von Whitworth kaum ausfallen kรถnnen und dennoch steigt weiter Rauch auf. Die Grรคben sind tief und die Konfliktbereitschaft hat vor allem auf der konservativen Seite einen Umfang erreicht, der den Betrachter mehr als bedenklich stimmt. Es scheint, als seien die Tรผren der gesellschaftlichen รbereinkunft รผber die Grundlagen eines friedlichen und den anderen akzeptierenden Zusammenlebens lรคngst aus den Angeln gehoben. Ein Weg zurรผck aus der andauernden Eskalation, eben auch weil er von Politikern des rechten Flรผgels gar nicht gewollt ist und man von dort aus den Konflikt vorantreibt und zuspitzt, erscheint im Moment weder denk- und schon gar nicht sichtbar. Das ist gefรคhrlich.


