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Foto von Sora Shimazaki
Menschenrechte, universell, unteilbar und unverรคuรerlich. Wir sind mit ihnen aufgewachsen und setzen voraus, ohne auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, dass sie eine Selbstverstรคndlichkeit sind und folglich eingehalten werden. Zumindest bei uns im Land. Alljรคhrlich verรถffentlicht Amnesty International einen Bericht, dem wir entnehmen kรถnnen, wie es wirklich steht um die Einhaltung dieser fundamentalen Rechte eines jeden, drauรen in der Welt und bei uns.
Vorgestern war es dann wieder so weit, die Organisation legte den Menschenrechtsbericht 2022/2023 vor. Die Hauptnachricht dabei, auch in den Schlagzeilen der Medien vom Dienstag: Das Verhalten des Westens zeuge von Doppelmoral. Damit gemeint ist der auffallende Kontrast zwischen dem entschlossenen Reagieren auf den Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine fรผhrt auf der einen Seite. Auf der andere Seite die offenbare Ignoranz gegenรผber Menschenrechtsverletzungen in anderen Lรคndern: Saudi-Arabien, wo Grundrechte der Bevรถlkerung zum Teil missachtet werden, politische Gegner in Gefรคngnissen sitzen, die Anwendung von Folter und Todesstrafe an der Tagesordnung. Oder Israel, hier werden die Palรคstinenser so eingeschrรคnkt, dass Amnesty bereits im vergangenen Jahr Strukturen anmahnte, die einem Apartheidsystem entsprรคchen. Der Westen, so die Vereinigung, er sei in diesen Fรคllen untรคtig und schweige zu alledem.
Das Thema Doppelmoral spiegelt sich auch darin, wie unterschiedlich mit Geflรผchteten in den Lรคndern der Europรคischen Union umgegangen werde. So sei die Aufnahme- und Hilfsbereitschaft gegenรผber den Menschen, die die Ukraine verlassen und im Westen Sicherheit gesucht hatten, eine gute Sache gewesen. Diese Willkommenskultur allerdings werde Flรผchtenden aus anderen Lรคndern in diesem Maรe nicht immer zuteil, erinnern wir uns an die Entwรผrfe zur jรผngsten Asylreform in Groร-Britannien, รผber die wir hier vor einigen Wochen berichtet hatten.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Umgang mit politischen Protesten. Im Iran kam es seit Herbst letzten Jahres, die Demonstrationen gegen das Regime begannen im September, zu 22.000 Verhaftungen, in der Folge mussten die ihrer Freiheit beraubten Menschen dort mit Misshandlungen und Folter rechnen. Insgesamt stellt Amnesty im aktuellen Report in 85 Lรคndern die Ausรผbung staatlicher Gewalt gegenรผber Protestierenden fest. Neu erfasst wurden zum ersten Mal auch Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Meldungen aus der Kriegsregion Ukraine haben die Sensibilitรคt fรผr diesen Themenkomplex erhรถht.
Gut, dass in der Bundesrepublik Deutschland alles in Ordnung ist. Nicht so ganz, wie man im aktuellen Menschenrechtsbericht nachlesen kann. So sind sind zum Beispiel einige Bundeslรคnder in den Fokus der Kritik geraten, da sie, so der deutsche Amnesty-Generalsekretรคr Markus Beeko, repressive Versammlungsgesetze erlassen hรคtten. Erneut betont wird auch besonders mit dem Blick auf unser Land das Thema Doppelmoral, kurz gefasst: Was fรผr ukrainische Flรผchtlinge gelte, mรผsse auch Menschen aus anderen Lรคndern gewรคhrt werden.
Schlussendlich: Die Menschenrechte, sie sind ein wichtiges Ergebnis eines langen und mรผhsamen Entwicklungsprozesses, der uns allen individuelle Rechte und damit verbundene Freiheiten garantiert. Folglich sollten wir diese Errungenschaften wertschรคtzen, bewahren und gegen รbergriffe schรผtzen, รผberall auf dieser Welt, aber eben auch vor unserer Haustรผr mรผssen wir aufmerksam bleiben.


