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Telemedizin statt monatelangem Warten

Mann mit Smartphone führt einen Videocall mit einer Ärztin durch

Foto mit Unterstützung durch KI erstellt.

Autor und Sprecher

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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Bild mit KI-Unterstützung erstellt

(es gilt das gesprochene Wort)

Es ist ein bekanntes Problem: Einen Termin beim Facharzt zu bekommen, dauert oft ewig – gerade auf dem Land. In ländlichen Regionen fehlen schlicht ausreichend Fachärzte, sodass Patienten mitunter monatelang auf einen Termin warten müssen.

In einer Stichprobe fand das ZDF heraus, dass man zwar Termine bekam, diese aber bis zu 100 km Fahrstrecke entfernt lagen.

Wenn es kaum Fachärzte in einer Region gibt, kann selbst der Termin-Service der Kassenärztlichen Vereinigung das Problem nicht lösen.

Genau so erging es mir: Über die offizielle Servicestelle (Tel. 116117) hätte ich zwar einen Hautarzt-Termin innerhalb von vier Wochen bekommen, allerdings in über drei Stunden Fahrzeit – für uns unmöglich. Denn der Termin war nicht für mich selbst, sondern für einen pflegebedürftigen Menschen mit hohem Behinderungsgrad.

Woran liegt diese Misere? Hauptsächlich daran, dass die Facharzt-Versorgung über Jahre vernachlässigt wurde – nicht etwa an zugewanderten Patienten oder Flüchtlingen, wie manche behaupten. An der Terminknappheit sind keinesfalls ukrainische Geflüchtete oder andere Zuwanderer schuld; es wurden schlicht zu wenige Fachärzte ausgebildet oder aufs Land gelockt. Die Politik hat zwar mit Gesetzen wie dem TSVG gegengesteuert, aber in der Praxis bleibt die Lage angespannt. Für viele Patienten heißt das: kreativ werden und neue Wege suchen.

Ich habe mich daher – in Absprache mit der zuständigen Krankenkasse – entschlossen, einen Online-Arztservice auszuprobieren. Konkret fiel die Wahl auf TeleClinic, einen deutschen Telemedizin-Anbieter, weil wir dringend ein Rezept und eine Verordnung (Überweisung) benötigten.

Die Anmeldung lief bequem über die Website: Zuerst wählte ich die benötigte Fachrichtung (Dermatologie) und gab alle wichtigen Informationen ein. Dazu gehörten aktuelle Symptome, relevante Vorerkrankungen, derzeitige Medikamente und der Anlass der Konsultation. Noch vor den Details wurde allerdings die gesetzliche Krankenkasse abgefragt – und hier stellte sich heraus, dass die Kasse des Patienten mit TeleClinic kooperiert.

TeleClinic hat mit vielen Versicherungen Partnerschaften. Als Versicherter einer Partner-Kasse gilt man als Premium-Patient und erhält exklusive Vorteile.

Zu meiner Freude gehörte die Krankenkasse des Patienten dazu. Uns wurde also direkt mitgeteilt, dass der Termin noch am selben Tag, spätestens in 30 Minuten stattfinden würde. Dieser Premium-Service umfasste zudem nützliche Extras, zum Beispiel die Möglichkeit, an Sonn- und Feiertagen einen Arzt zu erreichen und sogar einen Foto-Hautcheck durchzuführen (man kann also Bilder einer Hautveränderung hochladen, die ein Arzt begutachtet).

Nach Eingabe aller notwendigen Informationen musste ich ein Konto anlegen. Hier zeigte sich eine kleine Hürde für weniger IT-affine Menschen: Es reichte nicht, einfach eine E-Mail und ein Passwort einzugeben – man musste auf ein Smartphone oder Tablet wechseln und dort die App nutzen. Die TeleClinic-App präsentierte sich aber sehr aufgeräumt und nutzerfreundlich. Gleich nach der Registrierung bot sie mir an, Face ID zu aktivieren, was ich auch tat. Angesichts der sensiblen Gesundheitsdaten, die in der App verwaltet werden (Anamnesen, Rezepte, Arztbriefe etc.), habe ich ein sehr starkes Passwort gewählt. Eine Zwei-Faktor-Authentifizierung wäre mir noch lieber gewesen; leider bietet TeleClinic das aktuell nicht an. Ich kann an dieser Stelle allen nur raten, einen Passwortmanager zu verwenden, um sichere Passwörter zu erzeugen und zu verwalten – möglichst einen eigenständigen und nicht nur den Browser-Speicher. Insgesamt wirkte die App aber gut abgesichert und erfüllte die Datenschutzvorgaben der EU.

Schon unmittelbar nach dem Login zeigte die App an, dass nach einem verfügbaren Arzt gesucht wird. Nach ein paar Minuten Wartezeit erschien die Meldung, mein Termin würde innerhalb von 60 Minuten stattfinden – meist gehe es aber schneller.

So war es dann auch: Bereits 10 Minuten später erhielt ich eine E-Mail und eine Push-Benachrichtigung. TeleClinic hatte einen Arzt für uns gefunden! Auf meinem iPhone sah ich über ein Live-Widget der App ständig den aktuellen Status, was sehr praktisch war – ich musste nicht dauernd die App öffnen, das Widget blinkte kurz auf, sobald sich etwas änderte.

Allerdings erlebten wir eine kleine Achterbahnfahrt: In kürzester Zeit wurden uns nacheinander vier Ärzte zugewiesen – und drei davon stornierten den Termin gleich wieder. Warum, blieb unklar, was uns natürlich verunsichert hat. Möglicherweise waren diese Ärzte doch verhindert oder die Fachrichtung passte nicht exakt. Genau wissen wir es aber leider nicht. Zum Glück blieb der vierte Arzt schließlich dabei, und es hieß “Ihre Sitzung kann jetzt beginnen”. Ich hatte bei der Buchung angegeben, dass ich als Begleitung beim Termin anwesend sein würde (der Patient ist ja beeinträchtigt). Dadurch war der Arzt nicht verwundert, zwei Personen im Video zu sehen. Der Wechsel in den Videomodus selbst war simpel, aber unsere Internetverbindung hakte zunächst: Wir hatten es zuerst mit mobilen Daten versucht – und wie es in Deutschland auf dem Land so ist, reichte die Bandbreite für einen Video-Stream nicht aus. Nach kurzem Ruckeln wechselten wir schleunigst zu einem verfügbaren WLAN in der Nähe. (Eine Bandbreiten-Messung vorab in der App wäre ein sinnvolles Feature, um solche Probleme vorher abzufangen.) Mit WLAN lief die Videoverbindung einwandfrei, die Bild- und Tonqualität waren überraschend gut.

Im Video-Call selbst wurden wir angenehm überrascht. Der Dermatologe war sehr freundlich und zugewandt. Trotz der Distanz fühlte es sich an wie ein “echter” Arzttermin, nur ohne Wartezimmer. Der Arzt, der uns mit Namen, Fachrichtung und Sitz angezeigt wurde, hatte offenbar die vorab hochgeladenen Unterlagen (Befunde, Fotos der Hautstelle usw.) schon angesehen und konnte sofort gezielte Fragen stellen. Er ließ sich die Hautveränderung über die Kamera zeigen – und die Bildqualität reichte aus, damit er sie klar erkannte und diagnostizieren konnte. Sicherlich half, dass wir gutes Licht hatten und ein modernes Gerät nutzten.

Wir hatten einen Timeslot von 15 Minuten (glaube ich). Nach ungefähr 10 Minuten waren alle Anliegen besprochen: Diagnose, weiteres Vorgehen, notwendige Rezepte und Verordnungen. Es blieb sogar Zeit für einen kurzen freundlichen Austausch am Ende. Der Arzt nahm sich die Zeit, unsere Fragen zu beantworten, und ich nutzte die Gelegenheit, mich für die unkomplizierte Behandlung zu bedanken. Man merkte, dass auch Ärzte diese Form der Sprechstunde schätzen, weil sie effizient und konzentriert abläuft. Der Arzt stellte im Anschluss sofort eine Überweisung (Verordnung) für die weiterführende Behandlung und ein Rezept für ein Medikament aus. Beides wurde digital hinterlegt. Vorsorglich schickte er die Verordnung auch verschlüsselt per E-Mail. Die TeleClinic-App zeigte wenige Minuten nach dem Gespräch an, dass neue Dokumente verfügbar sind: Das Rezept, die Verordnung und sogar ein Arztbrief (Bescheinigung des Gesprächs und der Diagnose). Alle Dateien ließen sich als PDF herunterladen, speichern oder auch gleich an einen Drucker oder einen Cloud-Dienst schicken. Das ging wirklich nahtlos.

Mein Eindruck: Telemedizin kann bereits heute viel mehr als man denkt. Patienten profitieren von diesen Angeboten enorm – man spart Zeit, lange Anfahrtswege und Wartezimmer-Marathon, und ist nicht an klassische Sprechstundenzeiten gebunden.

Unser Fall hat gezeigt, dass eine Videobehandlung eine echte Lücke füllen kann, wenn vor Ort kein zeitnaher Termin zu bekommen ist. Gerade in ländlichen Gebieten ist das Gold wert. Natürlich gibt es ein paar Punkte, die man nicht vergessen darf:

Erstens: Nicht jeder kommt mit so einer App sofort zurecht. Für ältere Menschen oder Technik-Ungeübte ist der Prozess von Registrierung bis Videoanruf durchaus eine Hürde. Hier sind oft Angehörige oder Pflegende gefragt, zu unterstützen. Ideal wäre, solche Dienste noch nutzerfreundlicher für Senioren zu gestalten – zum Beispiel durch einfachere UIs oder Schulungsangebote. Auch fände ich es gut, wenn TeleClinic und ähnliche Anbieter Videogespräche über den PC (Webcam am Desktop) erlauben würden. Momentan geht zwar vieles per Smartphone/Tablet, aber mancher Senior hätte vielleicht lieber den großen Bildschirm am Laptop und eine feste Webcam.

Zweitens: Die digitale Infrastruktur muss stimmen. Unser Videoanruf hätte mit mobilem Internet alleine nicht funktioniert – und das im Jahr 2025 in Deutschland. Es ist klar, dass Telemedizin nur so gut sein kann wie die verfügbare Internetanbindung. Wir brauchen dringend flächendeckend schnelles und stabiles Netz, sowohl stationär (Breitband) als auch mobil (4G/5G) – sonst bleibt die schönste Telemedizin Stückwerk. Hier sind Politik und Telekommunikationsanbieter in der Pflicht, endlich gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, auch digital.

Drittens: Sicherheit und Datenschutz. Wie schon erwähnt, hätte ich mir Zwei-Faktor-Authentifizierung gewünscht, um das Konto noch besser zu schützen. Anbieter sollten laufend daran arbeiten, höchste Sicherheitsstandards einzuhalten. Medizinische Daten sind besonders sensibel; ein Datenleck oder Missbrauch wäre fatal. Bisher genießt TeleClinic hier einen guten Ruf und wirkte vertrauenswürdig – aber als Nutzer sollte man wachsam bleiben, starke Passwörter nutzen und im Zweifel nachfragen, wie die Daten gespeichert und übertragen werden. Insgesamt fühlte ich mich datenschutztechnisch gut aufgehoben, denn in Deutschland gelten strenge Datenschutzregeln (Stichwort DSGVO) und Telemedizin-Anbieter müssen diese einhalten. Ein Knackpunkt aus unserer Sitzung war die mehrfache Arzt-Stornierung ohne Erklärung. Das hat uns kurz verunsichert. Das Status-Update „Termin vom Arzt storniert, neuer wird gesucht“ hat nicht geholfen, die Situation besser zu verstehen. Aber letzten Endes zählte, dass wir innerhalb kürzester Zeit doch einen kompetenten Arzt in der Leitung hatten – verglichen mit Monaten Wartezeit ist das verschmerzbar.

Meine Erfahrung zeigt, dass Telemedizin ein fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung werden kann – kein Ersatz, aber eine sinnvolle Ergänzung. Für meine Generation und alle jüngeren ist es vermutlich selbstverständlich, per App einen Arzt zu konsultieren. Entscheidend wird sein, auch ältere Generationen mitzunehmen und Vertrauen aufzubauen.

Hier spielen Hausärzte eine große Rolle: Einige Praxen bieten mittlerweile Video-Sprechstunden an, was ich sehr begrüße. Schließlich ist Medizin Vertrauenssache, und zum vertrauten Hausarzt hat man die größte Bindung. Wenn dieser per Video einen kurzen Check-in macht, kann man sich viel Zeit sparen und bekommt trotzdem qualifizierten Rat – und der Arzt kennt einen bereits, was die Online-Beratung erleichtert. TeleClinic selbst baut sein Angebot weiter aus. In der App habe ich gesehen, dass man Krankschreibungen oder Folgerezepte per Schnellzugriff anfragen kann, anscheinend ohne jedes Mal einen vollen Termin buchen zu müssen. Das werde ich mal ausprobieren.

Häufige Anliegen kann man offenbar direkt auswählen (z.B. Bluthochdruck-Beratung, Blasenentzündung, Impfberatung, Asthma, Bindehautentzündung usw.), was dann vermutlich schneller bearbeitet wird. Sogar auf eine externe Depressions-App wurde verwiesen – offenbar gibt es für psychische Gesundheit auch digitale Angebote (was angesichts der Therapieplatz-Not sehr begrüßenswert ist). Gerade in Bereichen wie Psychotherapie oder Psychiatrie, wo monatelange Wartezeiten gang und gäbe sind, könnte Telemedizin enorm helfen, zumindest erste Gespräche oder digitale Selbsthilfeprogramme bereitzustellen.

Für uns hat sich das Experiment Online-Arzt absolut gelohnt. Statt viele Monate auf einen Dermatologie-Termin zu warten oder hunderte Kilometer zu fahren, hatten wir innerhalb weniger Stunden Hilfe – bequem von zu Hause aus. Telemedizin ist natürlich nicht für jeden Fall geeignet und ersetzt kein gebrochenes Bein im Krankenhaus. Aber in so vielen Situationen kann sie schnell und effizient unterstützen: bei Alltagsbeschwerden, Folgerezepten, Zweitmeinungen oder eben in Regionen mit Ärztemangel.

Mein persönliches Fazit fällt positiv aus: Ich werde diesen Service definitiv weiter nutzen, wenn es passt. Gleichzeitig hat die Erfahrung mir ein paar Punkte zum Nachdenken gegeben. Wir müssen in Deutschland dringend an unserer digitalen Infrastruktur arbeiten, damit solche Angebote flächendeckend funktionieren. Wir müssen älteren oder weniger technikaffinen Mitbürgern helfen, Zugang zu diesen neuen Versorgungswegen zu finden, damit niemand abgehängt wird. Und wir dürfen trotz aller Technik Datenschutz und Informationssicherheit nie aus den Augen verlieren – Vertrauen ist die Basis jeder medizinischen Behandlung, online wie offline.

Packen wir es an und digitalisieren die Medizin dort, wo es sinnvoll ist – im Dienste der Patienten. Dann muss auch niemand mehr unnötig in die Notaufnahme, nur weil der Husten am Wochenende kommt. Und die echten Notfälle bekommen schneller die Kapazitäten, die sie brauchen.

In diesem Sinne: Die Zukunft der Medizin ist vernetzt, aber der Mensch bleibt im Mittelpunkt.