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Wo Meinungen aufeinander treffen

Vom Erinnern

Motiv: Ein weites, stilles Feld mit schlichten Gedenksteinen und dem markanten Gรผterwaggon auf der Rampe im Hintergrund. Figuren: Silhouetten eines Erwachsenen und eines Kindes, die Hand in Hand langsam รผber das Gelรคnde gehen โ€“ ein Symbol fรผr Erinnerung und Weitergeben an die nรคchste Generation. Atmosphรคre: รœberwiegend gedรคmpfte Erdtรถne und Graustufen unter einem bewรถlkten Himmel, um die nachdenkliche, respektvolle Stimmung einzufangen. Komposition: Quadratisch, mit etwas Freiraum oben fรผr Titel und Text-Overlays.

Autor und Sprecher

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Elisabeth Siefert
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Thorsten A. Siefert

Technik und Gestaltung

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Thorsten A. Siefert

Foto mit KI-Unterstรผtzung generiert

Besucht habe ich die Gedenkstรคtte mehrfach, oft. Nicht an jeden Besuch kann ich mich genau entsinnen. Und vieles hat sich dort รผber die Jahre verรคndert. Jedes Mal ging ich mit einem Gefรผhl des nicht Begreifen Kรถnnens รผber das Gelรคnde, die Stimmung gedrรผckt, getragen von groรŸer Trauer รผber den schrecklichen Verlust von so vielen Menschenleben.

Mitten in der Lรผneburger Heide liegt eine Einrichtung, von der nicht viel geblieben ist:  Man geht herum um Massengrรคber, groรŸe Massengrรคber. Auf Gedenktafeln kann man lesen, wie viele Menschen hier jeweils ihre letzte unwรผrdige Ruhestรคtte gefunden haben. AuรŸerdem gibt es eine Mauer der Erinnerung, ein jรผdisches Denkmal, einen Obelisken. Von den ehemaligen Gebรคuden findet man vereinzelt noch Fundamente, die LagerstraรŸen sind noch erhalten. Hinzu gekommen ist ein im Oktober 2007 erรถffnetes modernes Dokumentationszentrum mit einer beeindruckenden Dauerausstellung. Wer alles gesehen hat, der bekommt einen Eindruck vom Unfassbaren. Das ist das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen.

Zur Geschichte: Ein Teil eines Kriegsgefangenenlagers der Wehrmacht dort wurde im April 1943, so kann man in der Chronik nachlesen, von der SS รผbernommen. Zunรคchst diente die Einrichtung der Unterbringung von jรผdischen Menschen, deren Freikauf man sich erhoffte. Entsprechend waren die Lebensbedingungen in Bergen-Belsen, vergleichbar besser als in anderen Lagern. Ab dem Frรผhling 1944 wurden dort auch nicht arbeitsfรคhige Mรคnner aus anderen Konzentrationslagern untergebracht, spรคter kam noch ein Frauenlager hinzu. Und mit der Aufgabe der Arbeits- und Vernichtungseinrichtungen der Deutschen entlang der Kriegsfront kamen immer mehr Menschen aus diesen Lagern nach Bergen-Belsen.

Der Alltag: Hunger, Durst und Seuchen. Die Hรคftlinge erlitten unvorstellbare Qualen, 52.000 Menschen verloren insgesamt ihr Leben. Die englische Armee befreite das Lager am 15. April 1945.

80 Jahre spรคter – am vergangenen Sonntag โ€“ gedachte man der Toten in Bergen-Belsen. Der niedersรคchsische Ministerprรคsident Weil dankte den รœberlebenden fรผr ihren Einsatz, ihren unermรผdlichen Einsatz, dass das in Bergen-Belsen Geschehene nicht vergessen wird.

Bergen-Belsen ist ein Ort des sich Erinnerns, des Trauerns. Sie werden konfrontiert werden mit dem, was ich das Unbegreifliche nenne, auf eine stille und dennoch nachhaltige Art und Weise. Nehmen Sie sich Zeit, erkunden Sie das Dokumentations-zentrum, besuchen Sie die Lagerrampe. Dort steht ein Gรผterwaggon. Betreten Sie diesen, stellen Sie sich vor, darin รผber Stunden und Tage unterwegs gewesen zu sein, ohne zu wissen, was ihr Ziel ist. An einem warmen Frรผhsommertag heizt sich der Waggon sehr schnell auf, Sie werden nicht lange darin verweilen wollen. Die Menschen damals hatten keine Wahl, sie mussten bleiben. Gehen Sie von der Rampe aus den Weg zum Lager, es ist ein beachtliches Stรผck Weg. Besuchen und gedenken Sie auf dem ehemaligen Gelรคnde der Einrichtung derer, die dort nach unfassbaren Qualen ihre letzte Ruhestรคtte gefunden haben.  

Ich lade Sie ein, diese Gedenkstรคtte aufzusuchen. Nehmen Sie Freunde mit, vielleicht ihre Kinder, wenn Sie in einem entsprechenden Alter sind. Erzรคhlen Sie davon, was Sie gesehen haben, was Sie beeindruckt hat, was Sie traurig gemacht hat, was unbegreiflich geblieben ist. Wir dรผrfen nicht aufhรถren uns zu erinnern.